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Dieses Thema hat 7 Antworten
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 Piraten allgemeines und alltägliches
Saskia von Paland Offline

Commander


Beiträge: 87

07.02.2009 10:28
Das Leben an Bord Antworten

Dem Landleben entkommen und den Traum von Freiheit, Abenteuer und schnellem Reichtum leben? Von der grenzenlosen Freiheit auf See hatte jedoch niemand etwas ...
Reich wurden nur die wenigsten Piraten und der Alltag war meist alles andere als ein Abenteuer – er war hart und grausam, die täglichen Dienstabläufe eintönig und kräftezehrend. Eine Dienstperiode dauerte acht Glasen; 1 Glasen entspricht 30 Minuten, also 4 Stunden lang. Anschließend hatte der Matrose vier Stunden Ruhe. Dies zog sich Tag für Tag und Monat für Monat hin. Außerdem waren die ständige Suche nach der nächsten lohnenden Beute, Gefechte, Segelmanöver, Krankheiten, Kälte, Raufereien, Hunger, Alarm- und Kampfübungen, Ausbesserungs- und Flickarbeiten an der Tagesordnung.
Wochenlanges Warten auf das nächste potentielle Opfer führte dazu, dass sich die Mannschaft betrank, wobei es oftmals zu Streitereien und Handgreiflichkeiten kam. In vielen Fällen konnte nur noch der Kapitän schlichten.
Bei rauem Wetter fror die Mannschaft und war durchnässt mit Salzwasser. Auch unter Deck war es kalt und feucht. Licht in Form von Kerzen gab es selten, die Möglichkeit zur Körperhygiene überhaupt nicht.
Hängematten und Schlafkojen waren dicht aneinander gedrängt. Oft teilten sich Matrosen einen Schlafplatz, da sie abwechselnd Dienst taten. Die Luft in den Mannschaftsunterkünften war von schnarchenden und hustenden Geräuschen erfüllt und von Gerüchen wie Schweiß, Fäkalien und Krankheit - Privatsphäre war ein Fremdwort. Unter den Männern schwappte das stinkende Bilgenwasser und es wimmelte von Maden, Fliegen und anderem Getier.
Die schlimmste Plage an Bord waren Ratten, die sich über die kargen Vorräte hermachten, Löcher in die Planken nagten und gefährliche Krankheiten übertrugen, wie Beispielsweise die Pest. Hatte man die Pest an Bord durfte man viele Häfen nicht mehr anfahren, was meist das Todesurteil der gesamten Mannschaft bedeutete.
An Ärzte oder Heiler an Bord war nicht zu denken und Medikamente gab es keine, so dass oftmals der Schiffszimmermann oder der Koch die ärztlichen Tätigkeiten und Operationen durchführte. Verletzte Gliedmaßen wurden einfach amputiert, Wunden ausgebrannt und kleinere Verletzungen genäht. Für die Schwerverletzten gab es kaum eine Hilfe. Schmerzen und Kummer wurde mit Rum, Wein und Bier betäubt.
Auch die Wasser- und Lebensmittelsituation an Bord war unzureichend. Nahrung für Schiffsfahrten haltbar zu machen gestaltete sich als fast unmöglich. So wurde von vorn herein Alkohol, wie Bier, Rum und Wein bevorzugt anstatt der Wasserfässer, deren Inhalt schon nach kurzer Zeit verdorben und brackig war. Schnell setzten sich Algen und Fliegenmaden in den Fässern ab, so dass das Wasser untrinkbar wurde.
Da das Wasser knapp war wurde es eingeteilt - in jeder möglichen und unmöglichen Weise - Beispielsweise wurde die Schöpfkelle in die Takelage gehängt und jeder, der einen Schluck Wasser für sich beanspruchte musste erst klettern und die Schöpfkelle holen bevor er trinken durfte. Für die von Durst gezeichneten Männer - kaum fähig sich auf den Beinen zu halten – war dies eine Tortour. Viele stürzten aus den Seilen in den Tod oder verdursteten, wenn sie das Wagnis des Kelle-holens nicht auf sich nehmen wollten - oder konnten. Nicht selten tranken die Männer aus Verzweiflung das stinkende Bilgenwasser und erlagen dann dem Wahnsinn.
Nahrungsmittel waren meist verunreinigt und mit Maden und Würmern durchsetzt, die man einfach mit aß. Viele aßen nur im Dunklen, um den Schimmel und das Ungeziefer auf den Lebensmitteln nicht sehen zu müssen. In Notzeiten, wie eine länger anhaltende Flaute, wurden auch die an Bord befindlichen Lederwaren zu Mahlzeiten verarbeitet - Kleidungsstücke, Schuhe, Peitschen. Die einzigen haltbaren Lebensmittel an Bord waren Schiffszwieback und Dörrfleisch.
Die unzureichende Ernährung war der Auslöser schrecklicher Krankheiten an Bord, wie der Mangelkrankheit Skorbut. Skorbut führte u. a. dazu, dass dem Erkrankten die Zähne ausfielen und endete im schlimmsten Fall mit dem Tod. Erst im Jahre 1753 wurde Skorbut von James Lind als Mangelkrankheit erkannt und ihr Gegenmittel gefunden -> Vitamine.
Um der Krankheit Herr zu werden nahm man Zitrusfrüchte an Bord, aber auch lebende Tiere wie Hühner, Ziegen und Schweine, die man nach Bedarf schlachtete. Da diese jedoch auch Nahrung benötigten hielten diese „Lebendvorräte“ nie sehr lange an. Oftmals waren die Tiere ausgehungert oder krank, so dass ihr Fleisch ungenießbar wurde.
Auch das feuchte Klima, der ständige Dienstwechsel, unzureichender Schlaf und die ständigen Temperaturschwankungen zerrten an den Kräften der Männer und führten zu Krankheit und oftmals auch zu Aggressionen oder Depressionen. (Eine Tatsache ist, dass damals mehr Piraten und Matrosen der Kriegsmarine an Krankheiten und Unfällen an Bord starben, als durch den Kampfeinsatz.)
Nur Alkohol, Würfel- und Kartenspiele und das gelegentliche Kapern von Handelsschiffen war eine Abwechslung in dem tristen Alltag der Piraten. Doch so „abwechslungsreich“ Übergriffe auch gewesen sein mochten, genauso gefährlich waren sie auch. Viele verloren ihr Leben beim Kampfe oder wurden gefangen genommen und zum Tode verurteilt.
Der beste Freund eines jeden Piraten war der Alkohol. Gründe hierfür gibt es viele: er half gegen Kälte und Nässe, gegen den Hunger oder vergammeltes Essen, aber auch gegen die Strapazen des Piratenlebens. Gemeinsam zu trinken mit Menschen, die das gleiche Schicksal teilen, half auch über die Einsamkeit, die Trennung von Familie, Frau und Kindern hinweg und machte Mut für die nächste Kaperung.
Das Schiff auf dem richtigen Kurs zu halten war die wichtigste Aufgabe an Bord. Hierfür wurden Seekarten, Kompasse und die Sterne zur Hilfe genommen.
Außerdem war harte Arbeit an der Tagesordnung, die Segel mussten gesetzt und eingeholt werden, der Ausguck war ständig zu besetzten, ergänzend waren Reparaturen am Schiff und der Tausch von Segel und Tauen auf den Fahrten notwendig.
Der Sold an Bord war schlecht, wenn überhaupt fester Sold bezahlt wurde. Meist wurden nur die erbeuteten Waren aufgeteilt. Das Risiko einer Krankheit, eines Unfalls wie Bsp. der Verlust einer Gliedmaße und weiterem Übel war groß.

Saskia von Paland entsendet euch einen Gruß
"Es tut mir leid, dich hier zu sehen, aber wenn du wie ein Mann gekämpft hättest, müßtest du jetzt nicht wie ein Hund hängen."

DerKaptain Offline



Beiträge: 111

05.05.2010 17:01
#2 RE: Das Leben an Bord Antworten

wirklich schöner artikel, muss aber noch kurz was anmerken:

sich die Mannschaft betrank
-alkohol war an bord in der regel verboten

wobei es oftmals zu Streitereien und Handgreiflichkeiten kam
-auch die waren an bord verboten und wurden nach einem entsprechenden zermenoniell an land geregelt

Verletzte Gliedmaßen wurden einfach amputiert, Wunden ausgebrannt und kleinere Verletzungen genäht
-viel mehr könnte auch ein feldscher oder sogar arzt an bord nicht machen...

Beispielsweise wurde die Schöpfkelle in die Takelage gehängt
-woher hast du das?

Um der Krankheit Herr zu werden nahm man Zitrusfrüchte an Bord, aber auch lebende Tiere wie Hühner, Ziegen und Schweine
-früchte helfen, fleisch natürlich nicht

Nur Alkohol, Würfel- und Kartenspiele
-an bord in der regel verboten

DerKaptain Offline



Beiträge: 111

05.10.2010 22:32
#3 RE: Das Leben an Bord Antworten

so, ich hätte da noch ein paar stellen und differenzierungen...

-eine schöne stelle, wenn auch am ende der fn aus dem bericht der russischen weltumseglung durch von krusenstern zum thema hygiene:
"Es war in der Tat ein belustigender Anblick, einige 20 Menschen zugleich unter diesem ausgebreiteten Zelt, welches einem kleinen See ähnlich war, zu sehen, die, nachdem sie ihre Kleider und Wäsche gewaschen hatten, sich einander selbst wuschen."

-was die lebensmittel und deren haltbarkeit angeht gibt es doch etwas mehr als dörrfleisch und schiffszwieback...
generell wurde auch frischfleisch in form von lebenden tieren mitgeführt, die mit noch weit schlimmeren bedingungen als die matrosen zu kämpfen hatten...bei jeder sich bietenden möglichkeit wurde außerdem gejagt (schildkröten und affen werden beispielsweise von exquemelin häufig erwähnt) und das fleisch eingesalzen, auch früchte wie bananen und kokosnüsse wurden zu tausenden mitgeführt, so man ihrer habhaft werden konnte...aber auch fischen war anscheinend eine alternative:
"Fast täglich wurden einige harpuniert. Sie gaben für unsere Leute eine frische und schmackhafte Speise. Nur einen Haifisch fing man, welcher ebenfalls, obgleich er schlechter als ein Bonit war, dennoch zum Teil verzehrt wurde."
"[...] ich schickte daher nur ein Boot zum fischen ab." (beides Krusenstern aber auch otto friedrich von der gröben berichtet davon)
allerdings war der speiseplan besonders der bukanier und vieler piratenmannschaften unzureichend...es gibt diverse bereichte, dass diese sich ausschließlich von fleisch ernährten, wofür sie die entsprechende quittung bekamen und reihenweise an skorbut und unterernährung starben

zum thema alkohol noch ne schöne stelle, die zeigt, dass das übertriebene saufen durchaus problematisch gesehen wurde, selbst an land:

„Sobald keine Gegenwehr in der Stadt mehr gethan wurde / ließ Morgan sein Volk zusamen ruffen / und verbot jedwedem / daß man keine Wein solte versuche / dieweil er Nachricht hätte / daß die Spanier alle Weine vergifftet hätten / welches zwar nit wahr war / sondern darum geschahe / daß das gemeine Volk sich durch den Trank nit etwan untauglich zu fechten mache möchte / dan man nicht versichert war / ob der Feind aussen bleiben / oder aber wieder kommen würde.“
Exquemelin S. 431-432. Folie 478-479.

DerKaptain Offline



Beiträge: 111

25.10.2010 16:03
#4 RE: Das Leben an Bord Antworten

hier mal der link zu einem artikelbrief aus dem 18.

http://digital.staatsbibliothek-berlin.d...ht/?IDDOC=79459

Jan van Eijk Offline

Admiral


Beiträge: 442

28.10.2010 08:58
#5 RE: Das Leben an Bord Antworten

was nicht drin steht, zumindestens hab ich es nicht gelesen,Thema Krusenstern, die Klamotten waren nach der Waschung brüchig, steif und kratzten, da nur Seife und Seewasser genommen wurden, außerdem wurden die Sachen nicht wirklich sauber.
russ. Beitrag zum Thema Kap Hoorn gesendet 5.10. Planet TV

Alle Genies hatten eine Klatsche... Einstein...Nostradamus...Van Gogh...warum soll es bei mir anders sein.

DerKaptain Offline



Beiträge: 111

01.11.2010 10:12
#6 RE: Das Leben an Bord Antworten

nunja, warum sollten sie brüchig geworden sein? in salzwasser funktioniert seife wohl nicht so gut aber brüchig kann ich mir nicht vorstellen. was genau soll denn chemisch/physikalisch passieren?
das mit dem sauber würde ich zudem so nicht sagen, das hängt u.a. auch von dem bild von sauberkeit, dass die jeweiligen personen hatten ab...
eventuell werd ich demnächst mal zwei kleine stücken leinen und baumwolle mit seife und salzwasser waschen und mal sehen, was bei rum kommt...

und bei krusenstern steht nichts von brüchigkeit oder sonstwas, auch sonstwo hab ich das noch nie in quellen gelesen...die kleidung kommt ja recht häufig mit salzwasser in kontakt...

was genau wurde denn in dem beitrag gesagt?

Jan van Eijk Offline

Admiral


Beiträge: 442

01.11.2010 20:15
#7 RE: Das Leben an Bord Antworten

Wieso weiss ich auch nicht, wurde aber auch gezeigt

Alle Genies hatten eine Klatsche... Einstein...Nostradamus...Van Gogh...warum soll es bei mir anders sein.

DerKaptain Offline



Beiträge: 111

08.02.2011 14:04
#8 RE: Das Leben an Bord Antworten

mir ist zufällig noch eine stelle untergekommen...johann diest (feldscher in den 1680er jahren) schreibt in seiner lebensbeschereibung vom waschen von kleidung an bord eines walfängers auf dem er war.
gewaschen wurde wohl mit süßwasser (würde sich durch die schlechtere wirksamkeit der seife mit salzwasser erklären), gespült dann aber mit salzwasser...von negativen folgen ist keine rede...

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